Die Inhalte der Leserbriefe sind weitreichend, vom Quereinsteiger – dem seine Erfahrung mit Leuten umzugehen Gold wert ist – der unverbraucht und unabhängig ist, bis zum Alt- Bewährten – wie langjährige Erfahrung in einem politischen Amt – und ausreichende Kenntnisse zu den laufenden Geschäften.

Doch was für ein Anforderungsprofil braucht es wirklich? Der perfekte Gemeindepräsident ist Wunschdenken. Wir müssen das Rad nicht neu erfinden und uns nur einmal informieren, wie es in anderen Gemeinden aussieht. Bergstimme hat das gemacht und ein interessantes Anforderungs- und Stellenprofil der Gemeinde Wängi (Einwohnerzahl 4‘400 mit einem 80 – 100 Prozent-Pensum) gefunden.
Nehmen Sie sich Zeit und urteilen Sie selber, was erwarte ich von einem Gemeindepräsidenten, der immerhin einen Monatslohn von mehr als Fr. 10‘000.00 wert sein soll.

Aufgaben des Gemeindepräsidenten  (Stellenprofil der Gemeinde Wängi)
Die Aufgaben des Gemeindepräsidenten setzen sich aus drei grundlegenden Aufgabenbereichen zusammen, welche unterschiedliche Anforderungen stellen:

– Vorsitz und Führung des Rates und der Gemeindeversammlung
– Repräsentation der Gemeinde in der Öffentlichkeit und in regionalen Gremien, Ansprechpartner für alle Bürgerinnen und Bürger
– oberste Verantwortung für die Gemeindeverwaltung

Die Aufgaben im Einzelnen
Führung des Gemeinderates
Zentrale Aufgabe des Gemeindepräsidenten ist die Führung des Gemeinderates. Er plant und koordiniert die Geschäfte und führt die Sitzungen. Er ist somit hauptverantwortlich, dass der Gemeinderat seine Aufgaben korrekt, vollständig und effizient erfüllt. Der Gemeinderat Wängi arbeitet im Ressortsystem. Verfeinerungen und Anpassungen im Ressortsystem sind gegebenenfalls für die neue Legislaturperiode vorzunehmen. Grundsätzlich sind die Ressorts fachlich für ihre Aufgaben zuständig. Die Gesamtverantwortung trägt immer noch der Gemeinderat.
Zu den Aufgaben des Gemeindepräsidenten gehört es, den Ressortverantwortlichen den erforderlichen Freiraum zu lassen, gleichwohl aber den Überblick zu wahren, um die Geschäfte zu koordinieren und in die laufende und langfristige Planung zu integrieren.
Der Gemeinderat ist eine Kollegialbehörde, in der dem Gemeindepräsident mit Ausnahme des Stichentscheides keine besondere Stellung zukommt.
Teamfähigkeit und Sozialkompetenz sind wichtige Voraussetzungen zur erfolgreichen Führung des in der Regel heterogen zusammengesetzten Rates.
Dem Gemeinderat obliegt die strategische Führung der Gemeinde, die Oberaufsicht über die gesamte Gemeindeverwaltung sowie eine Reihe von Entscheidbefugnissen aufgrund einschlägiger Gesetzgebung. Der Gemeinderat hat die Bevölkerung regelmässig in geeigneter Form über seine Tätigkeit zu informieren
Der Gemeindepräsident muss fähig sein, vorausschauend und langfristig zu denken und zu führen.
Ebenso muss er über gute Kommunikationsfähigkeiten verfügen.
Die wichtigsten rechtlichen Grundlagen für die Führung einer Thurgauer Gemeinde sind:
Kantonsverfassung – Gesetz über die Gemeinden – Verwaltungsrechtspflegegesetz – Gemeindeordnung – einschlägige kantonale Gesetze und kommunale Reglemente – vom Gemeindepräsidenten werde rechtliche Grundkenntnisse – wie funktioniert unser Staatswesen, Verfahrensvorschriften usw. – verlangt.
Die Thurgauer Gemeinden geniessen eine relativ grosse Gemeindeautonomie. Entsprechend hoch ist ihre Eigenverantwortung und damit die Verantwortung der zuständigen Führungsorgane. Die Gemeindeführung hat sachlich, politisch und sozial korrekt, unvoreingenommen, zeitgerecht, vorausschauend und mit Blick aufs Ganze zu erfolgen.  Dazu ist visionäres Denken mit Bodenhaftung und Offenheit gegenüber neuen Ideen notwendig.
Der Gemeindepräsident muss sich laufend über die gesetzlichen Veränderungen ins Bild setzen und sich weiterbilden, wo nötig.
Die Fähigkeit delegieren zu können ist ebenfalls eine Grundvoraussetzung, um eine Gemeinde in der Grössenordnung von 4’400 Einwohnern mit einem 80 – 100 Prozent Pensum zu führen.

Repräsentation der Gemeinde in der Öffentlichkeit
Der Gemeindepräsident ist oberster Repräsentant der Gemeinde. Er vertritt die Gemeinde nach aussen, gegenüber anderen Gemeinden, gegenüber anderen öffentlich – rechtlichen Körperschaften, gegenüber dem Kanton, der Regierung und den Ämtern. Zudem nimmt er die Interessen der Gemeinde in Verbänden, Vereinen, Organisationen wahr und vertritt sie bei Anlässen. Teile dieser Aufgabe können auch an Ressortverantwortliche delegiert werden.
Die Wahrnehmung der Gemeinde steht in einem grossen Zusammenhang mit den öffentlichen Auftritten des Gemeindepräsidenten. Der Gemeindepräsident muss diese Aufgaben gerne erfüllen und sich mit seiner Gemeinde identifizieren.
Der Gemeindepräsident ist vielfach erster Ansprechpartner von Anliegen aus der Bevölkerung. Er muss die Anliegen aufnehmen, ohne jedoch Versprechungen gegenüber Interessengruppen zu machen, die nicht den Gesamtanliegen der Gemeinde entsprechen. Ein offenes Ohr und gleichzeitig die Fähigkeit, sich gegenüber Einzelinteressen oder der positiven Entwicklung der Gemeinde zuwiderlaufenden Interessen abzugrenzen, sind wichtige Voraussetzungen für das Amt.

Pensum
Aktuell ist der Gemeindeammann mit einem 100-Prozent Pensum tätig. Der Gemeinderat entscheidet abschliessend über die Anstellungsbedingungen.

Zusammenarbeit mit dem Gemeindeschreiber
Der Gemeindeschreiber ist eine Schlüsselstelle in jeder Gemeindeverwaltung. Er arbeitet eng mit dem Gemeinderat zusammen und ist Stabsstelle des Gemeindepräsidenten und des Rates. Von der richtigen Besetzung dieser Funktion, einer klaren und zweckmässige Aufgabenteilung und einer guten Zusammenarbeit zwischen Gemeindepräsidenten und Gemeindeschreiber hängt sehr viel ab, ob eine Gemeinde gut geführt werden kann. Idealerweise ergänzen sich die beiden Funktionen Gemeindepräsident und Gemeindeschreiber fachlich und persönlich.

Anforderungen an den Gemeindepräsidenten
Aus den vorstehenden Umschreibungen, Aufgaben und Erwartungen an den Gemeindepräsidenten ergibt sich folgendes Anforderungsprofil:
Allgemeine Voraussetzungen
– guter Ruf – positive Einstellung zum Staat und zur Gesellschaft – Freude am Umgang mit Menschen
-Bereitschaft zu einem mehrjährigen Engagement – Wohnsitz in der Gemeinde – muss die Gemeinde „gern“ haben
Persönlichkeit
selbständig, eigenständig, unabhängig im Denken – geistlich beweglich – offen und interessiert – motivierend und vorausschauend – belastbar und konfliktfähig – kann sich abgrenzen – ausdauern und durchsetzungsfähig – verschwiegen, diskret – führt und leitet gerne – kann in der Öffentlichkeit stehen und auftreten – Führungs- und Sozialkompetenz – teamfähig – kommunikativ, kann zuhören – ausgleichend wenn nötig – verantwortungsbewusst
Fachliche Voraussetzungen
-gute Allgemeinbildung – gute schriftliche Ausdrucksweise – gewandt im Umgang mit Medien – Kenntnisse in grundsätzlichen Rechtsfragen und rechtlichen Verfahren – Bereitschaft, sich gezielt weiterzubilden

(im Oktober 2014 Wängi)