Fragestunde beim Gemeindeschreiber über die Wahlen des neuen Gemeindepräsidenten

1)An der Offenen Dorfgemeinde vom 31.03.2016 hat sich Ludwig Loretz, Mitglied der FDP, als einziger Kandidat für das Gemeindepräsidium vorgestellt. Haben sich bis heute noch weitere Personen für dieses Amt interessiert?

Ja, ich hatte schon diverse Telefonate oder persönliche Gespräche mit Personen, welche Interesse zeigten. Ob sich dabei etwas Konkretes entwickelt, weiss ich nicht. Meine Aufgabe ist es, Aufklärungsarbeit zu leisten und das Wahlprozedere auf zu zeigen.

2) Das heisst es läuft mit grosser Wahrscheinlichkeit auf eine Einer Kandidatur hinaus?

Die FDP hat Ludwig Loretz an der Offenen Dorfgemeinde vom 31.03.2016 vorgeschlagen und ist mit ihm in den Wahlkampf eingestiegen. Ob von den anderen Parteien noch Vorschläge gemacht werden oder ob sich allenfalls ein „wilder“ Kandidat oder Kandidatin aufstellen wird, zeigt sich in den nächsten Tagen. (Anmerkung: gemäss Recherche der Redaktion hielt die CVP lediglich eine Vorstandsitzung ab. Somit waren die Mitglieder nicht informiert! Erst am 11. 04.2016 rief der Vorstand, per Rundschreiben, alle Mitglieder auf, allfällige Interessenten oder Interessentinnen zu melden.)

3) Wie läuft das Wahlprozedere, wenn nur ein einziger Kandidat zur Wahl steht?

Das Wahlverfahren läuft unabhängig von der Anzahl der Kandidatinnen oder Kandidaten, immer gleich ab. Im ersten Wahlgang zählt das Absolute Mehr (Die Hälfte der abgegebenen, gültigen Stimmen plus eine Stimme. Eine Stimme ist nur gültig, wenn auf dem Stimmzettel Name, Vorname, Beruf oder alternativ der Wohnort aufgeführt ist. Die Person muss eindeutig identifizierbar sein. Leere Stimmzettel und ungültige und werden ausgeschieden. Es gibt folglich nur zwei Möglichkeiten, die Wahl mit zu bestimmen: Entweder man schreibt den vorgeschlagenen Kandidaten auf den Wahlzettel oder man schreibt einen anderen Namen hin. Im 2. Wahlgang ist gewählt, wer am meisten Stimmen auf sich vereinigen kann.

4) Was geschieht, wenn ein anderer Name mehr Stimmen auf sich vereinigt als der von der Partei vorgeschlagene Kandidat?

Wenn ein von einer Partei nicht vorgeschlagener Kandidat, ein sogenannter „Wilder Kandidat“, im 1. Wahlgang das absolute Mehr erreicht, gilt diese Person als gewählt. Wird eine Person gewählt, die nicht angefragt wurde und das Amt nicht antreten möchte, stellt sich die Frage des Amtszwanges. Das Gesetz über den Amtszwang regelt die Voraussetzung für einen Amtsantritt.

5) Muss sich eine Person, die sich für das Amt des Gemeindepräsidenten zur Wahl stellen möchte, zwingend auf der Gemeindekanzlei melden, oder kann jede Person für sich Wahlpropaganda machen?

Niemand muss sich melden. Grundsätzlich nominiert der Gemeinderat keine Personen. Wir haben weder eine Anmeldeliste noch gibt es eine Deadline. Wenn Personen für öffentliche Ämter gesucht werden, so werden (in Andermatt) in der ersten Phase die Parteien angeschrieben. Diese gehen dann auf die Suche. Die Kandidaten oder Kandidatinnen werden dann von den Parteien an der Offenen Dorfgemeinde vorgeschlagen. Die Parteien übernehmen dann die Wahlpropaganda. Selbstverständlich steht es jedem Bürger frei als sogenannter „Wilder Kandidat“ zu kandidieren. Die Wahlpropaganda muss er dann selber organisieren.

6) Welche Voraussetzungen muss ein Kandidat erfüllen, damit er wählbar ist?

Wählbar sind Schweizerinnen oder Schweizer, die das 18. Altersjahr zurückgelegt haben, mündig sind und Wohnort Andermatt haben.

7) In der Privatwirtschaft und auch in der Verwaltung wird für ein bestimmtes Lohnniveau oder Lohnklasse ein dazu passendes Anforderungsprofil verlangt. Wie steht es für einen vollamtlich angestellten Gemeindepräsidenten mit einem Lohnniveau zwischen 90’000.- und 150’000.- Franken Jahreslohn?

Gemäss der Verordnung über die Entschädigung bestimmt der Gemeinderat die Lohnklasse. Für die Bestimmung der Lohnklasse gibt es verschiede Hilfsmittel oder Referenzen die herangezogen werden. Die Obergrenze wurde auf Fr. 150’000.- limitiert.

8) Der Präsident wird für die Übergangszeit von zwei Jahren gewählt. Ist die Wahrscheinlichkeit nicht sehr gross, dass wir in zwei Jahren an derselben Stelle stehen und ein Systemwechsel nicht mehr möglich ist?

Ziel muss es für die Gemeinde Andermatt sein, aus den verschiedenen Führungssystemen das für sie geeignetste auszuwählen und weiterzuentwickeln. In der heutigen Zeit hat eine reine Laienbehörde im traditionellen Sinn keinen Platz mehr. Diejenigen, die sich für diese Ämter zur Verfügung stellen, sind sich der Verantwortung gegenüber dem Stimmbürger bewusst und investieren viel Zeit, sich das nötige Wissen anzueignen.

9) Als Gemeindeschreiber und ehemaliger Gemeindevizepräsident bringst du schon viele Voraussetzungen für das Gemeindepräsidium mit. Ist das für dich keine Option, für das Amt des Gemeindepräsidenten zu kandidieren?

Nein, dies ist für mich kein Thema. Ob ein Wechsel von der Verwaltung in die Politik vom Souverän goutiert wird bezweifle, ich. Insbesondere habe ich im Jahr 2005 als Vizegemeindepräsident in die Verwaltung gewechselt. Auch denke ich, dass der Gemeindeschreiber und das Team eine konstante bilden soll. Ich bin der Meinung, dass ich in der jetzigen Funktion nach 10 Jahren Gemeindeschreibertätigkeit diese Konstante weiterhin sein sollte.

10) Andermatt mit knapp 1500 Einwohnern ist Vorreiter im Kanton Uri und über die Kantonsgrenzen hinaus, in Bezug auf einen vollamtliches Gemeindepräsidium und einen vollamtlichen technischen Delegierten. Wie sind deine Erfahrungen mit anderen Urner Gemeinden. Werden wir mit unserem System bewundert, ja sogar beneidet, oder ist eher das Gegenteil der Fall?

Hier ist das Gemeindepräsidium und der technische Leiter nicht auf die gleiche Ebene zu setzen. Der technische Leiter ist kein Mitglied der Executive sondern ein Angestellter der Gemeinde. Diese Funktion kennen andere Gemeinden auch, eventuell unter einer anderen Bezeichnung. Es stimmt, dass die Gemeinde Andermatt die erste Gemeinde ist, die dieses System praktiziert. Ausserkantonal gibt es Gemeinden, die das System vom Teil- Amt schon lange kennen und praktizieren.
Beneiden tun wir was wir nicht haben. Jede Gemeinde muss für sich entscheiden, welches für sie die beste Führungsvariante ist. Dabei spielt nicht nur das System eine Rolle sondern auch das historisch gewachsene sowie die Bereitschaft bei Bedarf etwas zu ändern. Wichtig ist, dass den Bürgern der Aufwand und die Kosten aufgezeigt werden können.

11) Die Entschädigungsverordnung der Gemeinde Andermatt wurde dahingehend angepasst, dass die Tätigkeit und Entschädigung des Gemeindepräsidiums neu auf einem Beschäftigungsgrad von 80% bis 100 % Basiert. Was ist, wenn sich jemand mit einem Anspruch von weniger als 80% als Kandidat zur Verfügung stellt?

Eine Person kann auch kandidieren, wenn sie aus beruflichen, oder anderen Gründen das Präsidium z.B. nur in einem 60% Pensum übernehmen könnte. Der Rat wird dann diese Ausgangslage prüfen. Für den Gemeindpräsidenten und den Gemeinderat fallen bestimmte Aufgaben an, die erfüllt werden müssen. Steht der Gemeindepräsident nur 60% zur Verfügung, so können die restlichen Stellenprozente bei Bedarf ratsintern aufgeteilt werden. Dies ist ein organisatorisches Angelegenheit , das ratsintern gelöst werden muss.