Jean-Yves Blatt ist neuer Chef im «Chedi». Er sagt, wie er das Hotel prägen will, wieso er mit einem guten Sommer rechnet – und wo er noch Potenzial sieht.
Jean-Yves Blatt, seit März sind Sie Direktor im Luxushotel The Chedi Andermatt. Wie ist Ihr Einstand verlaufen?
Jean-Yves Blatt*: Meine Vorgänger haben mir den Start erleichtert. Sie leisteten hervorragende Arbeit. Davon zeugen allein schon die vielen Awards, die wir in den vergangenen Monaten gewonnen haben. Erst kürzlich ernannte uns eine Zeitschrift zum «besten Spa-Hotel Europas», Das ehrt uns. Das «Chedi» in Andermatt ist einzigartig – vom Stil, der Architektur und von der Philosophie her. Doch es braucht eine Seele, die das Haus prägt – dafür bin ich da.
Worauf legen Sie bei dieser Prägung denn besonderen Wert?
Blatt: Ich pflege einen persönlichen, familiären und herzlichen Umgang. Die Gäste sollen sich wie zu Hause fühlen. Wichtig ist auch die Beziehung zur Bergregion: Wir müssen verstehen, wie die Menschen hier leben und denken. Ich komme selber aus den Bergen, aus Rougemont im Waadtland. Daher weiss ich, wie der Tourismus hier funktionieren muss.
Wie denn?
Blatt: Unsere Gäste sind Geniesser. Sie haben alles schon erlebt, alles schon gesehen. In Andermatt finden sie das Rustikale, das Authentische. Diese Authentizität muss das Dorf unbedingt beibehalten. Im Gegenzug bieten wir ein hochmodernes Hotel mit asiatischen Einflüssen. Das ergibt einen Kontrast, den die Gäste heutzutage suchen. Man spricht. nicht umsonst vom «Chedi-Effekt».
Dieser Effekt wirkt sich offenbar auch auf die Zahlen aus: In Andermatt sind die Logiernächte im vergangenen Jahr um 36 Prozent gestiegen. Und die
Rechnung des Kantons Uri schloss auch dank vermögender Steuerzahler im Urserntal weit besser als budgetiert.
Blatt: Das freut uns. Und es ist tatsächlich so: Die Leute kommen zuerst in unser Hotel – und entdecken dann den Charme von Andermatt und der ganzen Region.
Investor Samih Sawiris sagte unlängst, dass er mit dem «Chedi» nach einem verhaltenen Start 2014 nun erstmals Geld verdiene. Wie fällt die Bilanz in den Wintermonaten aus?
Blatt: Die Zahlen sind erfreulich. Der Dezember war sehr gut. Der Januar bewegte sich im Rahmen des Vorjahres, als wir davon profitierten, dass das Hotel noch ganz neu war. Der Februar und der März verliefen exzellent, die Wochenenden waren meist ausgebucht.
Können Sie konkrete Zahlen nennen?
Blatt: Zur detaillierten Auslastung will ich mich nicht äussern. Aber wie gesagt:
Wir sind mit dem Winter wirklich zufrieden. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichneten wir ein deutliches Plus.
Offenbar wirtschaftet nicht nur das «Chedi» erfolgreich: Im Februar stiegen schweizweit die Übernachtungszahlen um 6 Prozent – trotz der Auf- hebung des Euro-Mindestkurses …
Blatt: Diese Zahlen sind vorsichtig zu werten. Man muss die gesamte Wintersaison betrachten und nicht nur einen Monat. Von Kollegen habe ich gehört, dass der März bei ihnen nicht so erfolgreich war.
Für den kommenden Sommer ist Schweiz Tourismus eher pessimistisch und prognostiziert Einbussen. Muss sich auch das «Chedi» vor dem starken Franken fürchten?
Blatt: Ich rechne mit einer ziemlich guten Sommersaison, der Buchungsstand stimmt mich zuversichtlich. In unserem Segment – 5 Sterne deluxe – spüren wir wenig vom Eurokurs. Unsere Kundschaft reagiert nicht so sensibel auf Preisschwankungen. Zudem kommen nur etwa 20 Prozent unserer Gäste aus der EU. 60 Prozent sind Schweizer, auch haben wir viele Gäste aus Asien und Amerika. Wir wollen 2015 das ganze Jahr geöffnet haben. Aber für den langfristigen Erfolg muss sich das Resort weiterentwickeln. Ich denke da an Serninarräume, eine Kongresshalle, Residenzen – und natürlich auch an moderne Skianlagen. Wir sind auf einem guten Weg, brauchen aber weiter Zeit und Geduld.
Das «Chedi» will sich auch mit Events in der Region positionieren. In Zusammenarbeit mit dem Hotel fand in Andennatt nun erstmals das Oster-Klassikfestival statt. Hat sich das gelohnt?
Blatt: Wir durften einige Gäste begrüssen, die das Festival besuchten. Zudem haben wir einen Apere für rund 220 Personen organisiert, auch einige Mu- siker spielten im Hotel. Es war nett und heimelig. Ich hoffe, dass das Festival weiterhin durchgeführt wird. Wir wollen uns jedenfalls wieder beteiligen.
Sind auch noch andere Veranstaltungen denkbar?
Blatt: Auf jeden Fall! Für die Weiterentwicklung einer Destination ist das sehr wichtig. Es müssen nicht zwingend kulturelle Anlässe sein. Zum Beispiel wäre auch etwas im kulinarischen Bereich möglich, wir sind da offen. Es braucht Ideen und engagierte Leute, die diese umsetzen. Und es braucht Geld. Grundsätzlich sind wir bereit, gute Ideen zu unterstützen. Die Veranstaltungen müssen aber seriös aufgezogen werden.
Wie klappt die Zusammenarbeit mit den Einheimischen?
Blatt: Wir sind sehr zufrieden. Kürzlich habe ich mich an einer Präsentation mit Andermattern ausgetauscht, es war ein gutes Gespräch. Ab dem Sommer erhalten Andermatter eine 20-Prozent-Ermässigung für Besuche im Restaurant, im Spa-Bereich und in der Bar. Wir fühlen uns selber als Einheimische, und so wollen wir auch wahrgenommen werden.
Zentralschweiz am Sonntag
Sonntag, 12. April 2015
INTERVIEW SVEN AREGGER sven.aregger@urnerzeitung.ch
* Der Waadtländer Yean-Yves Blatt (51) war unter anderem General Manager des Grand Hotel Park in Gstaad. Anfang März löste er York Brandes ab, der das „Chedi“ Andermatt nach dem Weggang von Hansjörg Meier interimistisch führte.
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