von a. Talschreiber Alfred Russi
Am 8. Juni 1963 – also vor 50 Jahren – fuhren die damals roten Kabinen der „Gotthard-Luftseilbahn“ erstmals hinauf zum Gipfel des 2963 m.ü.M. gelegenen Gemsstocks. Ein grosses touristisches Werk war vollendet und konnte in Betrieb genommen werden.
Von der Idee zur Verwirklichung
Es ist daher angebracht, einen Blick auf die Anfänge und die 50-jährige Geschichte
der Gemsstockbahn zu werfen und das grosse Engagement der damaligen Initianten und Gründer, ja Pioniere, mit diesen Zeilen zu würdigen. In den Köpfen einiger junger Idealisten aus Andermatt mit Hans Danioth, Adrian Christen und Reto Fryberg an der Spitze reifte die Idee, den Gemsstock, bekannt als Skitourenberg, mit einer Seilbahn touristisch zu erschliessen. Weitere Einheimische, aber auch Gäste und Seilbahnfachleute konnten von diesem Vorhaben so überzeugt werden, dass sich in der Folge ein Initiativkomitee gründete. Das war im Jahr 1958.
Die jungen „Gipfelstürmer“ fanden mit ihrer Idee bei der Bevölkerung und den Behörden wohl ein gewisses Interesse, doch standen ihrem Vorhaben auch eine Portion Skepsis und Zurückhaltung gegenüber. Aber der damalige Präsident des Verkehrsvereins Andermatt, Ernst Christen, lieh den jugendlichen Idealisten nicht nur Unterstützung sondern sicherte ihnen auch einen gewissen Rückhalt bei den Entscheidungsgremien der Behörden zu, vorab bei der Korporation Ursern als massgebliche Bodeneigentümerin und der Einwohnergemeinde Andermatt. Schliesslich fand man bei der Maschinenfabrik Bell in Kriens die notwendige technische Beratung.
Ein eigentliches „Aktionskomitee“ konnte dann am 19. Januar 1959 gebildet werden, das aus Vertretern aller Behörden im Urserntal, dem Verkehrsverein Andermatt und den übrigen touristischen und gewerblichen Verbindungen bestand. Im darauffolgenden April wurde diese Gruppe durch auswärtige Fachleute erweitert und verstärkt.
Nebst Abklärung technischer Fragen musste auch die Frage der Finanzierung evaluiert werden. Bei den Banken, vorallem der Urner Kantonalbank wie auch den drei Schweizer Grossbanken fand man viel Verständnis. Doch diese verlangten eine starke Eigenkapitalbasis von ca. zwei Drittel der vorgesehenen Investitionen, was einen Betrag von rund 2 Mio. Franken bedeutete, eine für die damaligen Verhältnisse sehr hohe Summe. Und so mussten sich die Jungsporne auf die Suche nach möglichen Geldgebern begeben und scheuten dabei keine Mühe. So gelang es allmählich, nebst zahlreicher privater Investoren auch grosse Industrieunternehmen im Kt. Uri wie auch im Raume Zürich und Ostschweiz von der Einmaligkeit dieses grossen Seilbahnprojekts zu überzeugen. Und damit war es möglich, am 1. Juni 1959 den achtseitigen Gründungsprospekt mit Einladung zur Zeichnung von 4000 Inhaberaktien zu einem Nennwert von 500.– Franken, total also 2.0 Mio., herauszugeben.
Nach einer Verlängerung der Zeichnungsfrist bis zum 31. Januar 1960 war das Tatsache geworden, woran man kaum geglaubt hatte: Denn an der auf den selben Tag einberufenen Gründungsversammlung im Hotel Schlüssel zu Andermatt konnte Tagespräsident Ernst Christen voller Stolz verkünden, dass das Aktienkapital nicht nur vollständig gezeichnet sondern gar um 100 000.– Franken überzeichnet worden ist. Ein grosser Erfolg für die Initianten, welcher diese nach monate- ja jahrelangen Anstrengungen mit grosser Freude und Genugtuung erfüllte. Dies umsomehr, als die Oeffentliche Hand nicht um Beiträge oder gar Subventionen angegangen werden musste!
Zur Verwirklichung des Vorhabens bedurfte es aber noch verschiedener Konzessionen, so des Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartements wie auch der grössten Grundeigentümerin, der Korporation Ursern. Die Talgemeinde hatte aber bereits am 10. Mai 1959 auf Gesuch des Aktionskomitees hin diskussionslos die erforderlichen Rechte für den Bau und Betrieb der Luftseilbahn zum Gemsstock wie auch des Skilifts Gurschenalp erteilt und dem Verkauf von 4000 m2 Korporationsboden für den Bau der Mittelstation auf Gurschen sowie der Bergstation auf dem Gemsstock zugestimmt. Und dies zu einem symbolischen Betrag von zwei Franken pro m2. Auch übernahm man die von den Banken verlangte Zinsgarantie von 10 000.– Franken pro Jahr. Schliesslich traf auch die Konzession des Bundes ein, nachdem die Eidg. Seilbahnkommission dem Vorhaben viel Wohlwollen entgegen gebracht hatte.
Bau und Inbetriebnahme
Damit war der Weg gewissermassen frei für den Beginn der Bauarbeiten. Die seilbahntechnische Ausführung übertrug man der renommierten Firma Bell in Kriens, mit den Baumeisterarbeiten wurden die einheimischen Firmen Bonetti AG und Murer AG beauftragt. Und plötzlich ging alles schnell und programmgemäss vorwärts. Denn bereits am 10. Februar 1962 konnten unter grosser Beteiligung der Bevölkerung sowie zahlreicher auswärtiger Gäste und Medienleute die 1. Sektion zum Gurschen und der Skilift Gurschenalp dem Betrieb übergeben werden. Doch das Gesamtwerk war noch nicht vollendet. Denn der Bau der 2. Sektion mit der Verankerung der gewaltigen Masten im zerklüfteten Fels des Gemsstocks wie auch die Erstellung der Bergstation auf dem schmalen Grat, und dies bei oft widrigen Witterungsbedingungen, forderten von den Beteiligten alles ab.
Im Vorsommer 1963 war es trotz allem geschafft. Am 8. Juni 1963 – also vor 50 Jahren – fuhren die roten Kabinen erstmals bis hinauf zum Gipfel. Selbstverständlich wurde an diesem denkwürdigen Tag die Gesamtanlage von einer grossen Festgemeinde eingeweiht. Ein grosser Freudentag für die Initianten und Aktionäre, den Verwaltungsrat mit Präsident Ernst Christen an der Spitze, das Personal und nicht zuletzt alle am erfolgreichen Bau beteiligten Personen. Auch für den Tourismus in Ursern und im ganzen Kanton Uri war mit der Eröffnung der Gemsstockbahn ein wichtiger Meilenstein gesetzt.
Lesen am Samstag „Die erfolgreichen Jahre“ der LAG/AGS
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